Sonntag morgen. Mein freier Tag. Also heute bei schönem Wetter einen kleinen Spaziergang machen mit meiner 5jährigen Tochter und meinem 5 Wochen altem Sohn. Beim Spaziergang durch den Düsseldorfer Zoo-Park begegnen mir jede Menge junge Erwachsene und Erwachsene, die auf ihr Smartphone glotzen. Im Grunde nichts Neues aber irgendwie fehlt das typische WhatsApp getippe. Stattdessen wirre Blicke auf den Bildschirm und in die Gegend. Irgendwie scheinen diese Leute etwas zu suchen.
„Vielleicht Touristen“ denke ich mir. Möglicherweise suchen sie nach dem Weg. Aber so viele? Und was sollten sie im Zoopark suchen? „Da ist eins“ höre ich dann von einem Pärchen, dem wir schon seit 15 Minuten hinterhergehen. Dabei haben sie bisher lediglich auf den Screen geglotzt und sind schweigend nebeneinander hergegangen. Jetzt fällt es auch mir wie Schuppen von den Augen: Pokémon Go.
Pokémon Go ist ein weiteres tolles Tool, das bei uns Faszienfuzzis die Kasse klingeln lässt. Menschen, die unter der Woche 8 Stunden vor einem PC Sitzen, die Mausarmschulter hochziehen und chronisch verspannen und den 5-6 Kilo schweren Kopf nach vorn schieben, um förmlich in den Bildschirm hereinzukriechen, und sich über verspannte Nackenmuskulatur und Spannungskopfschmerzen wundern, haben eine neue Freizeitbeschäftigung. Sie laufen nämlich durch die Gegend, ziehen die Smartphonearm-Schulter hoch, neigen den Kopf nach vorn. Genauso wie im Büro, kann man jetzt auch in der Freizeit – und vor allem Draußen – den Blick einen halben Meter vor den Augen auf ein Display kleben. Dass das Auge dadurch auf Kurzsichtigkeit trainiert wird und man der beste Kunde des nächsten Optikers wird – egal. Um das Bild ruhig zu halten lässt man natürlich jegliche kontralaterale Bewegung beim Gehen weg was wiederum zu verspannter Rückenmuskulatur führt. Die Muskulatur, an der ja auch schon der zu weit vorn gelagerte Kopf hängt. Aber auch dass kennt man ja schon vom Sitzen am Schreibtisch.
Vom Schreibtisch zu Pokémon Go
Pokémon Go scheint also ein wunderbares Tool zu sein, um die Probleme zu vertiefen, die man eh täglich trainiert und wegen denen man dann ständig zu „Therapeuten“ rennt, die immer wieder wunderbar die Symptome kurieren ohne auch nur einen Funken an den Ursachen zu ändern. Aber hey „Wenn es mir wieder weh tut, dann weiß ich wo ich hingehen muss“. Was will man mehr? Die Branche freut sich über Menschen, die über 10 Jahre mit demselben Problem zu „Ihrem“ Osteopathen, Chiropraktiker oder Physiotherapeuten laufen. Grotesk irgendwie.
Aber wenn ich all diese Pokermoniten im Park seh, dann lacht auch mein Herz. Meine Dienste werden nie überflüssig und für Nachschub wird gerade wieder reichlich gesorgt. Danke liebe App-Entwickler. Apropos: Wer steckt eigentlich dahinter? Physioverschwörung? Ostheopathenilluminaten? Wer weiß. Vielleicht ist ES an der Zeit für ein eigenes App :)
(ich hoffe der ironische Unterton kam durch) :)